Wolf

Positionspapier Große Beutegreifer

Fakten zu großen Beutegreifern: die aktuelle Lage in Österreich

Stand August 2023

Hier die aktuelle Version zu unserem Positionspapier zu Großen Beutegreifern

  • Die großen Beutegreifer Wolf, Bär und Luchs kehren nach Österreich zurück, auch der Goldschakal wandert zunehmend ein. Einerseits erfüllen diese Apex-Prädatoren wichtige Rollen in den Ökosystemen, andererseits müssen sich die Menschen, vor allem Land-, Wald- und Jagdwirtschaft auf ihre Anwesenheit einstellen. Interessenskonflikte in Kombination mit einem gerüttelten Maß an Unwissen und Irrationalität führen zu einer stärkeren Verfolgung dieser Tiere, als durch ihren gesetzlichen Schutzstatus vorgesehen – auch illegal, wie die vergleichsweise langsame Zunahme der Bestände, Modellrechnungen und eine beträchtliche heimische Wildtierkriminalität nahelegen.
  • Eine überbordende Verfolgung der großen Beutegreifer ist neuerdings auch (vordergründig) legal möglich, etwa auf Basis von Verordnungen der Bundesländer („Wolfsmanagementverordnungen“ von Tirol, Kärnten, NÖ., demnächst auch OÖ. und Stmk.). Obwohl bei keiner der Arten für Österreich der „günstige Erhaltungszustand“ erreicht ist, den herzustellen wir uns im Rahmen der Fauna-Flora-Habitatrichtline (FFH) verpflichtet haben. Erst dann wäre eine Bejagung legal möglich. Dennoch ist etwa der Goldschakal in den meisten Bundesländern jagdbar, in einigen, wie etwa Niederösterreich, sogar ohne Schonzeit. Und um den Abschuss von recht eigenwillig definierten „Problemwölfen“ zu erleichtern, erließen die Bundesländer Kärnten, Tirol, Niederösterreich, bald auch Oberösterreich – (Stand Mai 2023) mehrfach EU-rechtswidrige Verordnungen. Problematisch auch, dass sich die Jagd dafür einspannen lässt, was an längst überwunden geglaubte Zeiten der Ausrottungsgeschichte der großen Beutegreifer erinnert.
  • In Zeiten der existenzbedrohenden Klima- und Biodiversitätskrisen müssen Arten und Lebensräume wirksam geschützt, bzw. wiederhergestellt werden. Das braucht eine Extensivierung von Land- und Forstwirtschaft und eine Ausübung der Jagd strikt auf Basis ökologischer Prinzipien. Ausschließlich auf Gewaltanwendung beruhende, letztlich auf regionale Wiederausrottung abzielende „Lösungen“ zur Abwehr der großen Beutegreifer jenseits von ethischen Normen und biologisch-ökologischer Intelligenz und Rücksichtnahme, sind daher abzulehnen.
  • Die vier großen Beutegreifer unterscheiden sich stark hinsichtlich Ökologie, Konfliktpotential und auch in ihrer Bedeutung für die Jagd. Die Jagdgesetze der meisten Bundesländer führen zumindest Wolf, Bär und Luchs als ganzjährig geschont. Der föderale Fleckerlteppich macht die Lage unübersichtlich. Bei Braunbären wandern vor allem die Männchen, weswegen die wenigen Bären in Süden Österreich zumeist aus Slowenien eingewanderte Männchen sind. Der ökologisch erwünschte, eigenständige Bestandsaufbau ist mangels zuwandernder Weibchen seit Jahrzehnten ausgeblieben. Luchse verbreiten sich langsam, auch weil sie als Konkurrenten um Rehwild gesehen werden und relativ einfach zu bejagen sind. Ohne aktive Bestandsstützungen, die von der Jagd abgelehnt werden, kann ein Populationsaufbau im Alpenraum aber nicht gelingen und die kleine aktuell vorhandene „Population“ in den Nördlichen Kalkalpen wird verschwinden. Wölfe dagegen breiten sich ob ihrer hohen Vermehrungsraten rasch in die Fläche aus, verursachen dabei auch Schäden an ungeschützten Weidetieren und erregen Ängste. Von allen großen Beutegreifern finden daher die Wölfe den größten Niederschlag in den Medien und erregen öffentliche Aufmerksamkeit. Dabei wird meist darauf vergessen, dass sie – wie allen Apex-Prädatoren, wichtige Funktionen auch in den heimischen Ökosystemen erfüllen (siehe auch Positionspapier Wolf und zum Thema Jagd die Webseite http://www.bundesjagdgesetz.at).
Wolf

Positionspapier Wolf

Fakten zum Wolf: Die aktuelle Lage in Österreich

Stand Mai 2023

Hier die aktuelle Version zu unserem Positionspapier Wolf zum Download.

Kurzfassung:

  • In Österreich leben zur Zeit (Mai 2023) sieben Familiengruppen (Rudel: https://baer-wolf-luchs.at/verbreitungskarten/wolf-verbreitung), also etwa zwischen 30 und 60 Wölfe.
  • Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Österreicher wie auch Mehrheiten in anderen Ländern Europas die Wiederkehr der Wölfe begrüßen.
  • Wölfe sind in Europa umfassend durch die Berner Konvention und die auf dieser beruhende Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie der EU geschützt (aktueller Wolfsmanagementplan Österreich s.: https://baer-wolf-luchs.at/wp-content/uploads/2022/05/OeZ_Wolfsmanagement_Empfehlungen_2021.pdf).
  • Die FFH-Richtlinie verpflichtet zur Herstellung eines „günstigen Erhaltungszustands“ in den Staatsgrenzen. Dieses Ziel wird in Österreich für alle großen Beutegreifer weit verfehlt.
  • Günstiger Erhaltungszustand“ in Österreich im Sinne der FFH-Richtlinie bedeutet wahrscheinlich einige Dutzend Rudel und ein wenige hundert Wölfe. „Problemwölfe“, deren „Entnahme“ die FFH-Richtlinie vorsieht, treten generell selten auf.
  • In ihren „Wolfsmanagementverordnungenverstoßen die Bundesländer Kärnten, Tirol, Niederösterreich und bald auch Oberösterreich und Steiermark (Stand Mai 2023) mehrfach gegen geltendes EU-Recht (Verstöße gegen die Aarhus-Konvention und gegen die FFH-Richtlinie). Die Eröffnung eines weiteren EU-Vertragsverletzungsverfahrens ist absehbar.
  • Auch nach Erreichen eines „günstigen Erhaltungszustandes (FFH)“ benötigen Wölfe keine „Regulierung“ durch Jagd. Sind Rudel etabliert, werden Wolfsdichten durch die Menge an verfügbarer Nahrung reguliert, vor allem aber durch eine effiziente „dichteabhängige Regulation“ aus. Etablierte Rudel halten Nachbarrudel auf Distanz und halten auch durchwandernde Jungwölfe ab.
  • Jagd und Jagdwirtschaft sind in ihrer Einstellung zum Wolf gespalten. Während manche Jäger mit dem Wolf leben wollen, argumentieren jene, die am Verkauf von Abschüssen überhegten Schalenwilds und an Revierpachten verdienen, dass der Wolf dieses Trophäenjagdsystem stören und ihre Reviere „entwerten“ würde.
  • Wölfe entfalten als Apex-Prädatoren mehrfach positive ökologische Wirkungen; in den Rudelgebieten steigt die Biodiversität, Wülfe halten Wildbestände gesünder als menschliche Jäger.
  • Wölfe verursachten in Österreich 2022 weniger als 10% der Verluste an Weidetieren (vor allem Schafe). An Herdenschutz führt kein Weg vorbei, da man sich auf die Anwesenheit von Wölfen langfristig einstellen muss. Abschuss ist keine Lösung, da die nächsten einwandernden Wölfe wiederum (ungeschützte) Schafe töten. Zudem sind Halter im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht (im Sinne des Tierschutzgesetzes) verpflichtet, ihre Weidetiere vor großen Beutegreifern zu schützen.
  • Sind Wölfe gefährlich? Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Zusammenleben mit Wölfen in Europa zeigen, dass Wölfe für Menschen nicht gefährlich sind.
  • Angesichts der Bemühungen Klimawandel und Biodiversitätsverlust einzudämmen, sind die großen Beutegreifer Verbündete, nicht Gegner, im Ringen um eine lebenswerte Zukunft.
  • Für ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben mit den großen Beutegreifern braucht es neben funktionierendem Herdenschutz vor allem flächendeckendes best-practice Monitoring und eine Begleitung durch wissenschaftliche Top-Forschung. Derzeit gibt es diesbezüglich große Defizite.
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Pressekommentare von Kurt Kotrschal, Wolf

„Man sollte den Wolf (noch) nicht jagen“ – ein Kommentar von Kurt Kotrschal.

Kommentar von Kurt Kotrschal zum Interview des Leiters des Wiener Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft mit dem Profil: „Man muss den Wolf jagen“ in Biorama am 19.08.2019.

Zur Vorgeschichte und damit Sie den Text kennen, auf den Kurt Kotrschal Bezug nimmt, hier der Link zum Interview mit Klaus Hackländer mit dem Titel: „Man muss den Wolf jagen“: https://www.profil.at/wissenschaft/rueckkehr-wolf-oesterreich-10907646 .

Und hier der Kommentar darauf von Kurt Kotrschal, erschienen am 19.08.2019 auf der Homepage von Biorama (https://www.biorama.eu/man-sollte-den-wolf-noch-nicht-jagen-kotrschal/):

Aus dem Blickwinkel des Artenschutzes halte ich einen Gutteil der Aussagen des Wildbiologen Klaus Hackländer für konsensfähig, auch was die Entnahme von »Problemwölfen« betrifft; zu deren Definition endet allerdings die Einigkeit: Denn zum Problemwolf wird er nach internationalen Gepflogenheiten erst, wenn er sich signifikant an entsprechend geschützten Weidetieren vergreift, nicht aber wenn er eine bestimmte Anzahl ungeschützter Weidetiere reißt.

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Pressekommentare von Kurt Kotrschal, Wolf

Salzburger Sommertheater: Der Wolf in Großarl

Ein Kommentar von Kurt Kotrschal, erschienen am 30.7.2019 in „DiePresse„:
https://diepresse.com/home/meinung/wisskommentar/5666843/Salzburger-Sommertheater_Der-Wolf-in-Grossarl

Bereits lange vor dem Wolf ging die Almwirtschaft auch in Österreich stetig zurück, weil ihr eine unfähige Landwirtschaftspolitik den ökonomischen Boden entzog. Chuzpe, nun den Wolf dafür verantwortlich zu machen.

Zwei Dutzend tote Schafe und eine Handvoll verzweifelter Almbauern hinterließ ein durchziehender Wolf Mitte Juli auf einer Alm in Großarl. Die Tiere und ihre Halter verdienen unser Mitgefühl, aber der Vorfall war zu erwarten. Etwas zynisch könnte man es als Salzburger Sommertheater sehen: Gregor Bloeb gibt den Teufel auf dem Domplatz, der Wolf auf der Alm.

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Pressekommentare von Kurt Kotrschal, Wolf

„Er ist wieder da“ – und mit ihm ein Österreich-Zentrum für Bär und Co.

Ein Kommentar von Kurt Kotrschal in der Tageszeitung „DiePresse“ am 19.02.2019.

Das neue Zentrum ist unterfinanziert und vertritt die
Minderheiteninteressen von Jagd und Landwirtschaft, nicht aber des Artenschutzes. Konflikte sind damit vorprogrammiert.

Die gute Nachricht: Auf Betreiben von Ministerin Elisabeth Köstinger und
der zuständigen Länder wird es ein „Österreichzentrum Bär, Wolf und
Luchs“ im Raum Gumpenstein in der Steiermark geben. Das ist ein auch vom
WWF vorsichtig begrüßter Fortschritt, da Wolf & Co bislang Ländersache
waren, obwohl sie mit Grenzen nicht viel anfangen können. Die schlechte
Nachricht für eine Mehrheit von artenschutzbewegten Österreichern –
nicht nur in den Städten – ist aber, dass im Zentrum die Nutzer den Ton
angeben werden, also Landwirtschaft und Jagd. Die NGOs, wie WWF oder
Naturschutzbund dürfen – wenn sie Glück haben – das Zentrum beraten,
bleiben aber von den Entscheidungen ausgeschlossen.

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Wolf

Fakten zum Herdenschutz in Österreich und im Alpenraum

PDF zum Download hier

Autor: Kurt Kotrschal

(Stand Nov 2018)

Wolfsverhalten und die Notwendigkeit von Herdenschutz

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Kurt Kotrschal mit Herdenschutzhund

Ob wir auch in Österreich wieder nachhaltig mit Wölfen zusammenleben können, wird die Qualität des Herdenschutzes entscheiden. Viele Beispiele zeigen, dass dieser angepasst an jede Geländeform möglich ist. Der Wolf ist sicherlich nicht der „Totengräber“ der Weidewirtschaft“, wohl aber eine zusätzliche Erschwernis.
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„Wolfsfreie Zonen“, etwa in Analogie zu „rotwildfreien Zonen“, lösen das Problem der Nutztierverluste nicht, da Wölfe sehr bewegliche Tiere sind und schwieriger zu bejagen als Rotwild. Es würde in solchen Zonen immer wieder zu Verlusten an ungeschützten Weidetieren durch durchziehende Wölfe kommen. Zudem lernen durchziehende Jungwölfe (Disperser) dadurch von Nutztieren zu leben und werden somit zu „Problemwölfen“ gemacht. Wenn „wolfsfreie Zone“ bedeutet, dass man dort die Ansiedlung von territorialen Rudeln verhindern will, wäre das im Sinne von Schadensvermeidung kontraproduktiv.

Verhaltensbiologischen Erkenntnisse zeigen, dass

  1. etablierte Rudel sehr effizient „dichteabhängige Regulation“ praktizieren. Damit steigen lokale Wolfsdichten nicht an, weil sie Nachbarrudel auf Distanz halten und durchziehende Wölfe vertreiben oder töten.
  2. effizienter Herdenschutz von Beginn der Wolfseinwanderung an praktiziert werden muss, weil Wölfe damit angehalten sind, sich auf Wildtiere als Beute zu spezialisieren; sie geben diese Traditionen im Rudel an ihre Nachkommen weiter und sorgen so für eine lokale „Befriedung“. Bejagung von Wölfen kann diese Regulationsmechanismen stören. Untersuchungen zeigen, dass mit der Bejagung von Wölfen Nutztierschäden steigen können.

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