Wir möchten euch einen Artikel unseres Mitglieds Karoline Schmidt vorstellen, im dem es um den Umgang mit Rehen im Stadterweiterungsgebiet von Wien geht. Abschuss oder Umsiedlung – welche Möglichkeiten gibt es?
Den gesamten Artikel findet ihr hier.
Er ist in der 3. Ausgabe 2022 des Steirischen Aufsichtsjägers erschienen.
Kategorie: Tierschutz
Ein Rechtsstaat, der seine Natur mit Füßen tritt
Die Vermarktung von Käse und Filzpantoffel ist gut und schön, aber ohne umfassenden Artenschutz und die zugehörige Forschung bleibt ein Nationalpark Etikettenschwindel.
Kein Witz, auch wenn heute Faschingsdienstag ist: Eben schlossen
Politiker, Jägerschaft und Grundbesitzer ein Jagdübereinkommen, wonach
im kärntner Teil des Nationalparks Hohe Tauern „Raubwild“ (so der
O-Ton) künftig „nicht mehr willkommen“ sei. Damit werden Bär und Wolf,
aber auch Luchs, Goldschakal und Fischotter im Nationalpark Hohe
Tauern namentlich von den Erhaltungs- und Wiederansiedlungsmaßnahmen
ausgenommen! Auch die Forschung an diesen bösen Tieren soll nicht mehr
unterstützt werden. Und das alles in einem „Nationalpark“!
Unfassbar! Was soll man zu diesem neuerlichen Skandal aus dem Land der
Hypo-Alpe-Adria sagen? Hoffnungsloses Kärnten? Gesetzesbruch ganz
öffentlich zu verkünden, ist schon eine Chuzpe der Sonderklasse; denn
Gesetze und Richtlinien werden mit diesem Übereinkommen gleich in
Serie gebrochen. Das machte bereits die IUCN (World Commission on
Parks and Protected Areas) hellhörig, denn nun entspricht der
Nationalpark Hohe Tauern sicherlich nicht mehr ihren Kriterien. Was
bleibt, ist ein hohler touristischer Marketingbegriff. Will man das
wirklich?
Das neue Jagdübereinkommen widerspricht klar dem Nationalparkgesetz,
wonach „..die für solche Gebiete charakteristische Tier- und
Pflanzenwelt .. bewahrt werden ..“ (§2b). In diesem Gesetz ist auch
noch die Wissenschaft verankert, dass im Park „..Menschen auch in
aller Zukunft ein eindrucksvolles Naturerlebnis ..“ ermöglicht wird
(tierfrei?) und dass Landesübereinkommen dieses Gesetz nicht aushebeln
können. Nicht zuletzt verstößt dieses seltsame Übereinkommen auch
eklatant gegen die für Österreich gültige
EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die eine jagdliche Bewirtschaftung
der erwähnten Beutegreifer erst dann erlaubt, wenn ein „günstiger
Erhaltungszustand“ erreicht wurde.
Dieses „Raubwildübereinkommen“ entlarvt gnadenlos: Tatsächlich geht es
in den heimischen Nationalparks am allerwenigsten um Tiere und Natur,
sondern um einen möglichst gewinnbringenden Touristenrummelplatz.
Astreines österreichisches Schlawinertum eben! Die Vermarktung von
Käse und Filzpantoffel ist gut und schön, aber ohne Wolf, Bär,
Schakal, Luchs und Otter, ohne umfassenden Artenschutz und die
zugehörige Forschung bleibt ein Nationalpark Etikettenschwindel. Aus
dem Wording des Übereinkommens lernt man zudem, wer in diesem Park das
Sagen hat. Die ökologisch wertvollen Beutegreifer werden als „Räuber“
bezeichnet, und als „Wild“, womit die Jägerschaft patzig ihr
Verfügungsmonopol markiert. Höchste Zeit, sich zu wehren!
Unklar bleibt, ob das zuständige Ministerium involviert, Ministerin
Leonore Gewessler informiert war. In ihrer Naturschutzabteilung ziehen
Proponentinnen aus dem sozialen Kreis der Elisabeth Köstinger die
Fäden. Will man die Neue Grüne am Nasenring vorführen? Höchste Zeit
jedenfalls, dass man in Österreich endlich ernsthaft Artenschutz
betreibt. Das Mindeste ist, dass man die Unterzeichner solch
irrsinniger, illegaler Übereinkommen in die Schranken weist. Darf man
in Österreich offen und offiziell Gesetzesbruch ankündigen? Ich hoffe
nicht! Daher fordere nicht nur ich die zuständige Staatsanwaltschaft
auf, zu ermitteln. Und den entsprechenden NGOs sollte nun klar
geworden sein, dass ihr Kuschelkurs mit der Jägerschaft nichts bringt.
Sie müssen im Interesse von Bär & Co. endlich klagen!
Stellungnahme der AG Wildtiere zum neuen Jagdübereinkommen (2021-2030) im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten
Vor wenigen Tagen wurde von Politikern und Vertretern von Grundbesitzern und Jagd ein neues Übereinkommen für den Kärntner Teil des Nationalparks Hohe Tauern unterzeichnet, welches die Nationalparkidee mit Füßen tritt, dem heimischen Artenschutz einen schweren Schlag versetzt und Österreich diesbezüglich wieder einmal internationalem Kopfschütteln aussetzt: Wolf, Bär, Luchs, Schakal und Otter sollen nicht länger gefördert, ihr Abschuss offensichtlich erleichtert und die Forschung bei diesen Arten eingestellt werden. Dagegen verwehrt sich die AG Wildtiere am FORUM Wissenschaft & Umwelt und fordert die sofortige Rücknahme dieses Übereinkommens.
Sachverhalt:
Am 20.02. wurde von LRin Schaar und LR Gruber der Kärntner Landesregierung über eine Presseaussendung die Verlängerung des Jagdübereinkommens im Nationalpark Hohe Tauern bekannt gegeben, welches zwischen dem Kärntner Nationalparkfonds und der Kärntner Jägerschaft abgeschlossen wurde. Dieses Übereinkommen wies gegenüber dem bisher bestehenden Übereinkommen wesentliche Änderungen auf. Deshalb wurde es vom Direktor Rupitsch des Nationalparks Hohe Tauern Kärnten nicht unterzeichnet.
Die wesentlichen Änderungen des Jagdübereinkommens gegenüber früher sind:
- „Großraubwild wie Wolf, Luchs und Bär sowie Goldschakal und Fischotter werden ausdrücklich von erhaltenden und unterstützenden Maßnahmen in den Nationalparkrevieren ausgenommen“.
- „Sichtungen von Großraubwild wie Wolf, Luchs und Bär sowie Goldschakal und Fischotter sind unverzüglich dem zuständigen Bezirksjägermeister, der Gemeinde, den Grundbesitzern, den Almauftreibern, den Jagdverpächtern und den benachbarten Jagdausübungsberechtigten zu melden“.
- Die ganzjährige Schonung aller anderen Wildarten außer Schalenwild ist im neuen Übereinkommen nicht mehr enthalten.
- Der Beirat zur Beratung des Kärntner Nationalparkfonds wurde geändert, indem die Vertreter der Wissenschaft/Forschung und der Kärntner Landesjagdbehörde entfernt bzw. durch drei Vertreter der Grundbesitzer über Vorschlag der Schutzgemeinschaft ersetzt wurden.
Stellungnahme der AG Wildtiere beim FORUM WISSENSCHAFT & UMWELT:
- Die Behandlung des Großraubwildes Wolf, Luchs, Bär sowie Goldschakal und Fischotter im Stile einer offensichtlichen Schädlingskategorisierung ist ein Rückfall in längst überholt geglaubte Zeiten des 19. Jahrhunderts und widerspricht grundlegend allen Nationalparkzielen, die in der „Nationalpark-Strategie Österreich 2020+“ aus dem Jahre 2017, aber auch im Nationalparkplan Hohe Tauern-Kärnten aus dem Jahre 2001 verbindlich festgeschrieben wurden.
- Der Nationalpark Hohe Tauern Kärnten ist auch als Natura 2000 Gebiet ausgewiesen worden, sodass dafür auch die Verpflichtung zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes für alle aktuell und potenziell dort vorkommende Schutzgüter der FFH-Richtlinie zu beachten ist.
- Auch wenn Wolf, Bär, Luchs und Goldschakal bislang aktuell im Nationalpark nicht oder lediglich als seltene Durchwanderer festgestellt wurden, sind sie dennoch als Schutzgegenstände zu beachten. Dies umso mehr, da bekanntermaßen gerade durch das Fehlen des Großraubwildes ein Handlungsbedarf zum regulatorischen Wildmanagement bei den Schalenwildarten ausgelöst wird, um unzulässige Wildschäden im Nationalpark und angrenzenden Waldgebieten zu vermeiden.
- Die in der Zielsetzung für Kernzonen und Sonderschutzgebiete im Nationalparkplan festgeschriebene Verpflichtung des Nationalparks zum Prozessschutz zwingt sogar dazu, eine Komplettierung insbesondere aller für das Ökosystem relevanten Wildtiere anzustreben, da sich nur auf diese Weise natürliche Prozesse möglichst frei von menschlichen Eingriffen entfalten können.
- Ebenso unverständlich ist die laut Berichterstattung in ORF Kärnten offensichtlich beabsichtigte Unterbindung der Nationalparkforschung zugunsten von Wolf, Bär, Luchs, Goldschakal und Fischotter, da nur durch eine ausreichende wissenschaftliche Datengrundlage die Schadensprävention und -Abgeltung sinnvoll möglich ist. Grundlagenforschung bei komplexen Räuber-Beute-Beziehungen wäre zudem gerade in Nationalparken äußerst vordringlich, denn das Verständnis der Rolle der Prädatoren im Naturhaushalt ist bislang nur ansatzweise wissenschaftlich verstanden.
- Hingegen kommt der Herdenschutz als vorrangig wichtige Lösungsstrategie zur Vermeidung oder Begrenzung von Rissen an Nutztieren in diesem Jagdübereinkommen nicht vor, obwohl längst klar ist, dass daran kein Weg vorbei führt. Unserer Ansicht nach hätte der Nationalpark sogar die moralische Verpflichtung wegweisende Pilotprojekte im Herdenschutz voran zu bringen, da nirgendwo im alpinen Raum Österreichs bessere Voraussetzungen dafür gefunden werden können.
- Durch den Verzicht auf die entsprechende Formulierung ist der bedingungslose Schutz all jener jagdbarer Wildarten, die nicht zum Schalenwild zählen und folglich nicht dem Wildmanagement unterliegen wie z.B. Murmeltiere, Schneehase oder Rauhfußhühner, nicht mehr gesichert.
- Die Entfernung des Vertreters aus Wissenschaft und Forschung zugunsten der Hereinnahme von drei Vertretern der Grundbesitzer (vorgeschlagen von der Schutzgemeinschaft) zeigt die Intention des Vorhabens überdeutlich: Machtvolle Durchsetzung von jagdlichen und landwirtschaftlichen Einzelinteressen betroffener Grundeigentümer zulasten der dann nicht mehr über-, sondern tatsächlich untergeordneten Nationalpark-Naturschutzziele.
- Die Abfassung und Unterzeichnung eines solchen Dokuments, trotz rechtzeitiger und berechtigter Einwände der Nationalparkverwaltung, lässt tief blicken, was die fachliche Qualität der zuständigen Kärntner Landespolitiker und des Kärntner Landesjägermeisters sowie deren Einstellung zum Nationalpark Hohe Tauern betrifft. Es bedeutet aber auch eine unerträgliche Missachtung der fachlichen Autorität und Rolle der Nationalparkverwaltung unter der Leitung von Peter Rupitsch, wenn die politische Referentin sich im Zusammenspiel mit Jagd, Landwirtschaft und Vertretern der Grundbesitzer über die mit dem Bund, den benachbarten Bundesländern, der IUCN und der EU-Kommission getroffenen rechtsverbindlichen Regelungen im Nationalpark hinweg setzt und ihrem Nationalparkdirektor in den Rücken fällt.
- Es ist völlig unzweifelhaft, dass ein Inkraftsetzen dieser Jagdvereinbarung ab 2021 zwingend mit dem Verlust der internationalen Anerkennung des Nationalparks Hohe Tauern durch die IUCN verbunden sein wird. Jahrzehntelange Bemühungen vieler verdienstvoller Akteure zur Erreichung der IUCN-Anerkennung werden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt.
- Darüber hinaus ist auch mit einem Vertragsverletzungsverfahren seitens der Kommission in Brüssel wegen Verletzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zu rechnen, denn die Verpflichtung zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands für alle relevanten Schutzgüter besteht unabhängig von der Nationalpark-Entwicklung.
- Auch des Umweltministerium in Wien wird seine finanzielle Beteiligung am Nationalpark überdenken müssen, wenn grundlegende, vertraglich festgelegte Zielsetzungen des Nationalparkplanes und der Nationalpark-Strategie 2020+ nicht mehr erfüllt sind.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die in Kärnten von der Nationalparkreferentin Landesrätin Mag. Sara Schaar, Jagdreferent Landesrat Martin Gruber und Landesjägermeister Dr. Walter Brunner mit der Jagdvereinbarung gewählte Vorgangsweise der Nationalparkidee in Österreich schwersten Schaden zugefügt hat. Nur eine sofortige Rücknahme und Überarbeitung der Vereinbarung unter maßgeblicher Beteiligung nicht nur der Nationalparkverwaltung sondern auch der relevanten Umweltverbände, wie im Kärntner Nationalparkgesetz (§ 9 Abs. 3) eigentlich vorgesehen, kann noch schlimmeren Schaden abwenden.
Manfred Christ, Hans Frey, Kurt Kotrschal, Erhard Kraus, Wolfgang Scherzinger & Erich Steiner
Rückfragen bitte an:
Dr. Erhard Kraus
Tel.: 0681 81 323436
Weiterführende Links:
Presseaussendung der Kärntner Landesregierung zum Jagdübereinkommen
Bericht über das Jagdübereinkommen beim ORF
Presseaussendung des Forum Wissenschaft & Umwelt zum Jagdübereinkommen
Presseaussendung des WWF zum Jagdübereinkommen
Kommentar zum Jagdübereinkommen von Kurt Kotrschal in der Tageszeitung „Die Presse“ am 24.02.2020
Tierschutz im Sinne der Selbstachtung und der Nachhaltigkeit
Autor: Kurt Kotrschal

Globale Erwärmung, Artensterben, Migrationskrisen … offenbar geht die Welt ziemlich rasant vor die Hunde (die natürlich am allerwenigsten dafür können) – und manche Leute haben nichts Besseres zu tun, als sich um Tierschutz zu kümmern? Ist das nicht angesichts der vielen Bedrohungen der völlig falsche Fokus? Nun ja – das billige Fleisch im Supermarkt mag dessen Produzenten (wir nannten sie früher Bauern) jenen Preisdruck bescheren, der sie dazu zwingt, ihre Tiere als Sachen zu behandeln. Trotz aller Bemühungen läuft die Intensivtierhaltung alles andere als Tier- und Artgerecht. Es dominieren Raumenge und Reizarmut, es werden Ferkel immer noch ohne Betäubung kastriert und Rinder unter unsäglichen Qualen über tausende Kilometer einem grausamen Tod entgegengekarrt.
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