Wolf

Neues Dossier „Nachbar Wolf: Wie gelingt das Zusammenleben“ der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe

Die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe hat ein neues Dossier heraus gegeben, bei dem es um die Möglichkeiten des Zusammenlebens mit dem Wolf geht.

Hier steht das Dossier als PDF zum Download zur Verfügung.

Sie finden dieses und weitere interessante Downloads auch auf der Homepage der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe: https://www.gzsdw.de/broschueren_download

Wolf

Fakten zum Herdenschutz in Österreich und im Alpenraum

PDF zum Download hier

Autor: Kurt Kotrschal

(Stand Nov 2018)

Wolfsverhalten und die Notwendigkeit von Herdenschutz

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Kurt Kotrschal mit Herdenschutzhund

Ob wir auch in Österreich wieder nachhaltig mit Wölfen zusammenleben können, wird die Qualität des Herdenschutzes entscheiden. Viele Beispiele zeigen, dass dieser angepasst an jede Geländeform möglich ist. Der Wolf ist sicherlich nicht der „Totengräber“ der Weidewirtschaft“, wohl aber eine zusätzliche Erschwernis.
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„Wolfsfreie Zonen“, etwa in Analogie zu „rotwildfreien Zonen“, lösen das Problem der Nutztierverluste nicht, da Wölfe sehr bewegliche Tiere sind und schwieriger zu bejagen als Rotwild. Es würde in solchen Zonen immer wieder zu Verlusten an ungeschützten Weidetieren durch durchziehende Wölfe kommen. Zudem lernen durchziehende Jungwölfe (Disperser) dadurch von Nutztieren zu leben und werden somit zu „Problemwölfen“ gemacht. Wenn „wolfsfreie Zone“ bedeutet, dass man dort die Ansiedlung von territorialen Rudeln verhindern will, wäre das im Sinne von Schadensvermeidung kontraproduktiv.

Verhaltensbiologischen Erkenntnisse zeigen, dass

  1. etablierte Rudel sehr effizient „dichteabhängige Regulation“ praktizieren. Damit steigen lokale Wolfsdichten nicht an, weil sie Nachbarrudel auf Distanz halten und durchziehende Wölfe vertreiben oder töten.
  2. effizienter Herdenschutz von Beginn der Wolfseinwanderung an praktiziert werden muss, weil Wölfe damit angehalten sind, sich auf Wildtiere als Beute zu spezialisieren; sie geben diese Traditionen im Rudel an ihre Nachkommen weiter und sorgen so für eine lokale „Befriedung“. Bejagung von Wölfen kann diese Regulationsmechanismen stören. Untersuchungen zeigen, dass mit der Bejagung von Wölfen Nutztierschäden steigen können.

Weiterlesen „Fakten zum Herdenschutz in Österreich und im Alpenraum“

Tierschutz

Tierschutz im Sinne der Selbstachtung und der Nachhaltigkeit

Autor: Kurt Kotrschal

Kurt Kotrschal mit seiner Hündin Bolita

Globale Erwärmung, Artensterben, Migrationskrisen … offenbar geht die Welt ziemlich rasant vor die Hunde (die natürlich am allerwenigsten dafür können) – und manche Leute haben nichts Besseres zu tun, als sich um Tierschutz zu kümmern? Ist das nicht angesichts der vielen Bedrohungen der völlig falsche Fokus? Nun ja – das billige Fleisch im Supermarkt mag dessen Produzenten (wir nannten sie früher Bauern) jenen Preisdruck bescheren, der sie dazu zwingt, ihre Tiere als Sachen zu behandeln. Trotz aller Bemühungen läuft die Intensivtierhaltung alles andere als Tier- und Artgerecht. Es dominieren Raumenge und Reizarmut, es werden Ferkel immer noch ohne Betäubung kastriert und Rinder unter unsäglichen Qualen über tausende Kilometer einem grausamen Tod entgegengekarrt.

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Fischotter

Positionspapier Fischotter

Fakten zum Fischotter: Die aktuelle Lage in Österreich

Autor: Erhard Kraus

(Stand: Oktober 2025)

Hier die aktuelle Version zu unserem Positionspapier Fischotter als PDF.

Kurzfassung:

  • Fischotter wurden in Österreich beinahe ausgerottet. Seine Rückkehr erfolgte durch natürliche Ausbreitung von den grenznahen Restvorkommen im Wald- und Mühlviertel und der Südoststeiermark bzw. den viel größeren Vorkommen im dort angrenzenden Ausland. Es wurden keine Fischotter ausgesetzt.
  • Fischotter ernähren sich primär von Fischen, Krebsen und Amphibien, gelegentlich aber auch von Reptilien, Insekten, sowie in seltenen Fällen von kleinen Säugetieren, Muscheln und Wasservögeln.
  • Eine Gefährdung seltener Muscheln, Krebse und Amphibien durch Prädation ist bislang noch nicht nachgewiesen und erscheint unwahrscheinlich. Bei im Bestand stark rückläufigen Fischarten könnte der Fischotter derartige Entwicklungen beschleunigen und bei entsprechend ungünstigen Rahmenbedingungen einen zusätzlichen Gefährdungsfaktor darstellen. Ein bestandsbegrenzender Einfluss des Otters auf Fischbestände in Fließgewässern ist insbesondere an kleineren Gewässern möglich (z.B. Oberläufe), aber stets kann es auch andere Faktoren geben, die für die Fischbestände limitierend wirken.
  • In kleineren Fließgewässern können Otter daher eine ernsthafte Konkurrenz für Angler darstellen, besonders wenn durch Besatz mit fangfähigen Fischen leicht verfügbare Beute ständig nachgeliefert wird. Gerade an kleinen Forellenbächen kann der Angelsport dadurch stark beeinträchtigt werden. Diese Konkurrenz zwischen Otter und menschlichen Nutzungsansprüchen ist jedoch anthropogen verursacht und entspricht keinem natürlichen Zustand. Beispielhaft angeführt sei der Kleine Kamp im Waldviertel, ein Salmonidengewässer, das seit mehreren Jahrzehnten trotz Ottervorkommen ohne Fischbesatz erfolgreich nachhaltig bewirtschaftet wird.
  • In Fischzuchten (Teiche) können Otter mitunter erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen. Eine faire Abgeltung des Wertes getöteter Nutzfische und eine Förderung der Teichwirtschaft, die Abwehr-Maßnahmen und andere Naturschutzleistungen belohnt, ist sinnvoll.
  • Die in verschiedenen Bundesländern im Verordnungsweg erlaubten Ottertötungen sind weder ökologisch-wissenschaftlich gerechtfertigt, noch EU-rechtskonform. Darüber hinaus widerspricht der gegenwärtig in einigen Bundesländern zulässige Abschuss von Ottern im Winter dem Tierschutz bzw. der Waidgerechtigkeit, weil Otter ganzjährig Junge führen können und diese vom Muttertier abhängig sind. Eine Unterscheidung der Muttertiere von anderen Ottern ist in der Regel weder möglich, noch Jägern zumutbar. Abschüsse von Ottern führen daher zwangsläufig zu verwaisten Jungottern die entweder verhungern oder – falls sie rechtzeitig gefunden werden – vermehrt in Pflegestationen gelangen.

Otter-Fakten im Detail:

  1. Ausgangslage: Die Rückkehr des Fischotters in weiten Teilen Österreichs in den letzten Jahrzehnten bewirkte in hohem Maße Akzeptanzprobleme bei Angelfischerei und Teichwirtschaft. Das ist an sich nicht überraschend, ernährt sich der Fischotter doch vorwiegend von Fischen und tritt damit mit menschlichen Nutzungsinteressen in Konflikt.
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  2. Der historische Rückgang der Fischotterpopulation Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts war eine unmittelbare Folge massiver menschlicher Verfolgung („Ottersturm“). Die verbliebenen geringen Restvorkommen kamen nach dem 2. Weltkrieg in weiten Teilen Mitteleuropas noch zusätzlich durch persistente Umweltgifte (v.a. PCB´s) und Lebensraumverluste (Gewässerverschmutzung, Gewässerregulierung, Trockenlegung von Feuchtbiotopen, etc.) stark unter Druck.
  3. Die Rückkehr des Fischotters in den letzten Jahrzehnten ist auf natürliche Weise erfolgt, ohne bestandsunterstützende Maßnahmen durch den Menschen. Fischotter wurden in Österreich zu keiner Zeit ausgesetzt. Die aktuelle Zunahme des Otterbestandes ist das Ergebnis von mehreren Jahrzehnten verbesserter Reproduktions-bedingungen (weniger Umweltgifte, gutes Nahrungsangebot), von strengen Schutzbestimmungen und von Zuwanderung aus anwachsenden benachbarten Populationen (Südböhmen, Ungarn).
  4. Nahrung als begrenzender Faktor für den Fischotter: Fischotter sind Säugetiere. Der Beuteerwerb im Wasser stellt sie vor eine große Herausforderung bezüglich einer positiven Energiebilanz. Sie müssen in kurzer Zeit Beute machen, andernfalls ist diese Bilanz negativ und die Tiere erkranken und sterben. Otter verfügen über keine nennenswerten Fettreserven und müssen daher täglich 10% ihres Körpergewichtes als Nahrung aufnehmen. Da Otter in aller Regel nachts und damit bei Dunkelheit und sehr oft im trüben bzw. sehr turbulenten Wasser jagen, detektieren sie ihre Beute primär über den Tastsinn, etwa mit den Tasthaaren an den Vorderextremitäten. Vor dem Hintergrund, möglichst schnell Beute zu machen und möglichst kurz im kalten Wasser zu verweilen, erbeuten Otter daher alles, was in den taktilen Nahbereich ihrer Pfoten und Schnauze kommt.  Das führt dazu, dass Otter primär häufige Arten bzw. häufige Größenklassen erbeuten und unter ihnen jene, die sich auf Grund ihrer Lebensweise und ihres Fluchtverhaltens nicht rechtzeitig vor ihm in Sicherheit bringen können.
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  5. Einfluss auf andere Arten: Häufig wird von Fischereivertretern eine Gefährdung von Rote Liste Arten wie Flussperlmuschel, Flussmuschel, Edelkrebs, Steinkrebs und Amphibien durch den Einfluss des Fischotters behauptet. Bis heute gibt es allerdings keinerlei wissenschaftliche Belege für solche Zusammenhänge. Sie erscheinen unwahrscheinlich, können aber auch nicht ausgeschlossen werden. Bei konkreten Verdachtslagen sollten diese evidenzbasiert abgearbeitet werden.Auch bei gefährdeten Fischarten ist nicht auszuschließen, dass Otter zu einem beschleunigten Rückgang gewisser Arten beitragen können, dies insbesondere dann, wenn diese auf Grund anderer widriger Umwelteinflüsse (Verschiebung der Fischregionen durch Gewässererwärmung im Zuge des Klimawandels, PKD-Krankheit bei Forellen) in Bedrängnis sind und damit ihre Resilienz gegenüber der Prädation durch den Otter beeinträchtigt ist. Für den generell stark gefährdeten Huchen wird dies gerne postuliert, konkrete Untersuchungen, die dies untermauern könnten, fehlen allerdings. Das Vorkommen der Äsche in der Lafnitz ist bislang das einzige, ausreichend gut untersuchte Beispiel, wo der Otter zum Zusammenbruch eines Fischbestandes nachweislich beigetragen hat. w
  6. Auswirkung auf die Teichwirtschaft: Der negative Einfluss des Fischotters auf Fischbestände in Teichgebieten ist evident und durch die jahrzehntelange Schadensabgeltung in Niederösterreich auch gut dokumentiert. Strittig ist hingegen, inwieweit Maßnahmen wie Zäunung und Ablenkteiche zumutbar sind oder inwieweit alternative teichwirtschaftliche Nutzungsformen (z.B. weitergehende Extensivierung, Nebenfischbestand) schadensmindernd wirken könnten. Um die Akzeptanz für den Otterschutz aufrecht zu erhalten ist eine finanzielle Schadensabgeltung für nachgewiesene Schäden ebenso wesentlich, wie die finanzielle Förderung von Abwehr- und Schadensminderungsmaßnahmen.
  7. Auswirkung auf die Angelfischerei: Bei Fischpopulationen in Fließgewässern ist ein negativer Einfluss des Fischotters schwieriger festzumachen als an Teichen. Fischbestände in Fließgewässern sind zudem saisonalen und witterungsbedingten Schwankungen unterworfen und werden außerdem in hohem Maße durch Bewirtschaftungsmaßnahmen (v.a. Fischbesatz), Klima- und Umwelteinflüsse sowie Krankheiten beeinflusst.Dessen ungeachtet ist klar, dass der Fischotter insbesondere an kleineren Forellenbächen (bis ca. 12 m Breite) eine unmittelbare Konkurrenz für Angler darstellt. Ohne Fischotter würden dort Forellen zu größeren und damit für Angler attraktiven Fischen heranwachsen können. Die Prädation des Otters führt dazu, dass insbesondere über das Winterhalbjahr viele Forellen über dem für Angler relevanten Brittelmaß vom Otter erbeutet werden und im folgenden Frühjahr dann mitunter nur noch wenige Forellen vorhanden sind, die groß genug wären, um nach geltendem Fischereirecht vom Angler entnommen zu werden. Allerdings ist es ein völlig natürliches Phänomen, dass Prädatoren einen Einfluss auf Menge und Verteilung der Beutetierpopulationen nehmen können. Nicht auf die Produktionskraft abgestimmte menschliche Nutzungsansprüche, die besonders an kleinen Forellenbächen zu Konflikten führen, sind daher aus Naturschutzsicht zugunsten des Existenzrechtes des Fischotters zu hinterfragen.w
  8. Rücksichtnahme bei der fischereilichen Bewirtschaftung: Besatzfische – also von den Fließgewässerbewirtschaftern in die Bäche und Flüsse eingesetzte Fische – sind eine leichte Beute für den Fischotter. Dies umso mehr, je größer bzw. älter die besetzten Fische sind. Insofern sollte von Fischbesatz bei Otterpräsenz zu Gunsten von Fischlaich oder allenfalls Brütlingen Abstand genommen werden.
    Ob Fischbesatz in Fließgewässern die Lebensraumtragfähigkeit für Fischotter erhöhen kann, also letztendlich eine höhere Otterdichte ermöglicht, ist nicht ausreichend untersucht. In aller Regel führen Besatzfische nur zu einem vorübergehenden Zusatzangebot an Nahrung, die Otterdichte richtet sich aber generell nach dem im Jahresverlauf niedrigsten Nahrungsangebot.

  9. Schutzstatus und Ausnahmen: Der Fischotter ist über die Berner Konvention und die Fauna-Flora-Habitat Richtlinie der EU streng geschützt. Dieser Schutz wird in Österreich über die Jagd- oder Naturschutzgesetze umgesetzt. In den letzten Jahren wurden in mehreren Bundesländern seitens der Behörden Ausnahmebewilligungen zum Abschuss oder Fang mit nachfolgender Tötung erteilt. Im Jahre 2023 durften demnach in Österreich insgesamt 224 Otter getötet werden.
    Die fachliche Basis für diese Ausnahmen vom strengen Schutz ist äußert dürftig. Die rechtliche Handhabung, die Ausnahmen über landesweit geltende Verordnungen statt einzelfallbezogener Bescheide zu bewilligen, entspricht nicht den verbindlichen Vorgaben der FFH-Richtlinie. Diese sieht Ausnahmen vom strengen Schutz nur in Einzelfällen nach konkreter Prüfung der Sachlage vor.
    Die gegenwärtig gültigen Verordnungen, die es beginnend mit Niederösterreich nun auch in Oberösterreich, Kärnten, Salzburg und der Steiermark gibt, erlauben mit gewissen regionalen Einschränkungen (z.B. Nationalparks) nach dem Prinzip „first comes – first serves“ Otter zu entnehmen, bis das Kontingent ausgeschöpft ist. Mit dieser Vorgangsweise bleibt völlig unklar, wo in einem Jahr Otter entnommen werden. Das verunmöglicht jedes seriöse Monitoring, welches darauf abzielen sollte, festzustellen, ob die Otterentnahme die gewünschte Wirkung erzeugt hat und daher gerechtfertigt war oder nicht. Derartige Otterentnahmen sind als Beruhigung für die Fischerei zu verstehen, wirken aber nicht dort, wo sie allenfalls notwendig sein könnten und verhindern, evidenzbasierte Informationen zu erhalten, ob und unter welchen Umständen eine Entnahme Sinn machen könnte.
  10. Zur Zweckmäßigkeit von Eingriffen in den Fischotterbestand: Bislang wurden in Österreich drei Entnahmeexperimente durchgeführt, um zu prüfen, ob damit eine Stabilisierung und Erholung der Fischbestände erreicht werden kann oder nicht.Das erste derartige Experiment wurde in der oberen Forellenregion an der Görtschitz und ihren Zuflüssen in Kärnten durchgeführt. Nach der Wiederbesiedlung des Gewässers durch den Otter war es zu einem starken Rückgang insbesondere großer Forellen gekommen. Im Laufe von zwei Jahren wurden sechs Otter lebend entnommen und einem Wiederansiedlungsprojekt in Holland zur Verfügung gestellt. Die Entnahme von Ottern hat allerdings nicht zu einem Wiedererstarken des Forellenbestandes geführt, obwohl die Otterpräsenz im Gebiet stark abgenommen hat. Der Rückgang der Otterpräsenz wurde allerdings primär auf einen Rückgang der Nahrungsverfügbarkeit des Otters zurückgeführt; denn während des Projektes wurden kleine Forellenteiche, die den Otter vermehrt in das Gebiet gelockt hatten, eingezäunt. Dadurch wurde die Aussagekraft des Entnahmeexperiments erheblich entwertet. Die Beweissicherung in Form von Elektrobefischungen hat gezeigt, dass die dort autochthone Bachforelle durch den Fischotter keineswegs gefährdet wird, nur die Angelfischerei ist durch die Rückkehr des Otters wesentlich beeinträchtigt.

    Das Entnahmeexperiment an der Lafnitz im Burgenland betraf die Äschenregion und wurde in einem Abschnitt durchgeführt, der bezüglich Gewässermorphologie als besonders naturnah zu bezeichnen ist; außerdem gibt es dort im Nahbereich keine Teiche, die das Experiment ähnlich wie an der Görtschitz in Kärnten negativ hätten beeinflussen können. Die Äschenregion liegt fischökologisch flussabwärts der Forellenregion. Das Gewässer ist breiter und größer und vor allem auch wärmer als die Forellenregion der Oberläufe. Sie bietet daher der Äsche ideale Lebensräume. Langzeitanalysen der Fischbestände deuten darauf hin, dass die Resilienz der Bachforelle gegenüber der Prädation des Otters deutlich niedriger war als jene der Leitfischart Äsche. Der Effekt auf den Forellenbestand wurde und wird allerdings durch Besatzmaßnahmen der Angelfischerei überlagert.

    Bei der Äsche kam es erst nach 2016zu einem markanten Rückgang. In dieser Zeit hatte sich die Wassertemperatur der Lafnitz deutlich erhöht, das Gewässer ist nun insbesondere im Sommer über viele Wochen zu warm für die Äsche. Gerade im Sommer erfolgte eine vermehrte Prädation von Äschen durch den Fischotter, was darauf hindeutet, dass sie für den Otter leichter zu erbeuten waren als vor 2016. Die Entnahme von fünf Ottern im Verlauf von 16 Monaten, von November 2019 bis Februar 2021, führte allerdings zu keiner Konsolidierung des Äschenbestandes, obwohl die Otterpräsenz im Gebiet über die Entnahme hinaus stark abgenommen hatte. Dies kann als Indiz dafür gelten, dass die Äschen primär von anderen Einflüssen in ihrem Bestand vermindert wurden.

    Das Entnahmeexperiment in OÖ ermöglichte an vier zirka 15 km langen Strecken die Entnahme durch die örtlichen Jäger im Laufe von drei Jahren ohne zahlenmäßige Beschränkung. Besonders aufschlussreich waren die Ergebnisse von drei Gewässern im Mühlviertel. An der Steinernen Mühl wurden 13 Otter entnommen, an der Großen Rodl 11; die Waldaist war die Referenzstrecke ohne Otterentnahme. Die Fischbestände wurden jährlich quantifiziert, der Otterbestand nur zu Beginn vor den Otterentnahmen und danach. Demnach waren die Otterbestände auf ein Viertel des Anfangsbestandes zurückgegangen, allerdings nicht nur an Mühl und Rodl, sondern auch an der Waldaist. In keinem der Fälle war es auch nur ansatzweise zu einer Erholung der Forellenbestände gekommen, was auf andere begrenzende Faktoren für die Fischbestände als den Otter zurückgeführt wurde.

    Die Beispiele der Görtschitz und der Forellengewässer im Mühlviertel verweisen darauf, dass der Otter dort zwar ein fischereiwirtschaftliches Problem darstellt, aber zu keiner Gefährdung intakter Forellenbestände führt. Das Beispiel der Lafnitz zeigt, dass Otter für Fischarten mit – in Folge Klimawandel, Fischkrankheiten, Nahrungsmangel und Verlust an Laichplätzen (Kolmatierung) etc. – rückläufigen Beständen ein zusätzliches Problem darstellen kann. Durch die Otterentnahme wurde diesem Trend an der Lafnitz aber kein Einhalt geboten. Eine abschließende Beurteilung der Zweckmäßigkeit von Otterentnahmen zur Stabilisierung und Erholung von Fischbeständen ist mit diesen drei Experimenten nicht möglich. Die Untersuchungen haben aber deutlich gemacht, dass die Frage nach den tatsächlich den Fischbestand begrenzenden Faktoren ganz zentral ist und dort der Hebel anzusetzen ist. Die Entnahmeexperimente belegen jedenfalls, dass Otterbestände primär über das Nahrungsangebot und nicht über allfällige Entnahmen reguliert werden.

    Die Kampagnen der Fischereibewirtschafter, unterstützt von Politik und Medien, Otter zum alleinigen Sündenbock der ausdünnenden Fischbestände in Fließgewässern zu machen, erinnern an die Kampagnen, den Wolf als „Totengräber der Almwirtschaft“ darzustellen (s. Positionspapier). Sowohl Wolf, als auch Otter sind ganz offensichtlich nicht DIE Hauptfaktoren in einem komplexen ökologischen Gefüge. Dennoch sucht man von Seiten der zuständigen Landesregierungen auf Druck von Interessensverbänden das Heil im „Entnehmen“, also dem Töten mehr oder weniger streng geschützter Tiere – auf Basis von mangelhaftem Monitoring und fern jeder Evidenz für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen.

  11. Literatur:
    Klenke R. A. et al. (eds.) 2013: Human-Wildlife Conflicts in Europe, Environmental Science and Engineering, DOI: 10.1007/978-3-540-34789-7_5, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.Kranz A. 2000: Zur Situation des Fischotters in Österreich: Verbreitung – Lebensraum – Schutz. BE-177 Umweltbundesamt Wien.

    Kranz A, Polednik L & Poledníková K. 2003: Fischotter im Mühlviertel: Ökologie und Management Optionen im Zusammenhang mit Reduktionsanträgen. Gutachten im Auftrag des Oberösterreichischen Landesjagdverbandes, Hohenbrunn 1, A-4490 St. Florian. 73 Seiten.

    Kranz A, & Ratschan C 2017: Zu Auswirkungen des Fischotters auf Fischbestände in Fließgewässern Oberösterreichs. Analysen und gutachterliche Einschätzungen sowie Managementvorschläge. Bericht im Rahmen des ELER Projektes „Basisdaten Fischotter Oberösterreich“. Im Auftrag des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung, Abteilung Land- und Forstwirtschaft, 22 Seiten.

    Kranz A, Cocchiararo B, Poledník L et al. 2017: Erhebung von Basisdaten zum Fischotterbestand an sechs Fließgewässern Oberösterreichs. Endbericht im Auftrag des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung, Abteilung Land- und Forstwirtschaft, 56 Seiten. 

    Kranz, A. & Rechberger, A. 2021: Zur Nahrungsökologie des Fischotters in Hinblick auf gefährdete Fische am Beispiel von Gamlitz- und Schwarzaubach in der Steiermark. Endbericht für den Naturschutzbund Steiermark, 153 Seiten.

    Kranz, Cocchiararo & Poledník 2022: Auswirkungen der Entnahme von Fischottern auf die Otterpräsenz an sechs Fließgewässerabschnitten Oberösterreichs. Endbericht im Auftrag des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung, Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung, Abteilung Land- und Forstwirtschaft; 39 Seiten.

    Kruuk H 1995: Wild Otters: Predation and Populations. Oxford University Press.

    Kruuk, H. 2002: Hunter and hunted. Relationships between carnivores and people. Cambridge University Press.

    Kruuk H. 2006: Otters: ecology, behaviour and conservation. Oxford University Press.

    Mason CF 1989: Water pollution and otter distribution: a review. Lutra 32:97-131.

    Ratschan C & Hammerschmied U 2022: Studie über die Auswirkungen von Fischotterentnahmen auf den Fischbestand in OÖ. Gewässern. Endbericht. I. A. Land OÖ, Abt. Land- und Forstwirtschaft; 166 Seiten.

    Waldner K, Bechter T et al. 2020: A brown trout (Salmo trutta) population faces devastating consequences due to proliferative kidney disease and temperature increase: A case study from Austria. Ecol Freshw Fish 29:465-476.

    Weinberger I, Baumgartner H 2018: Der Fischotter: ein heimlicher Jäger kehrt zurück. Haupt Verlag.

    Wolfram G, Kranz A, Poledník L et al. 2023: Zum Einfluss des Fischotters auf den Fischbestand der Lafnitz. Broschüre im Auftrag des Amtes der Burgenländischen Landesregierung. Wien – Graz, 60 Seiten.

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Wir sind eine Gruppe von Personen, die sich aus privaten und beruflichen Gründen intensiv mit Wildtieren und ihrem Schutz beschäftigt. Die Berichterstattung in den Medien zum Artenschutz, besonders im Zusammenhang mit Beutegreifern, ist teils sehr einseitig, wird von den Interessen von Nutzern bestimmt und folglich häufig mit irrationalen Argumenten geführt; dies trifft vielfach auch auf die heimische Artenschutzpolitik insgesamt zu, die aufgrund der Bundesverfassung Ländersache ist und deshalb zu wenig befriedigenden, oft sehr diversen Regelungen in den Bundesländern führt.

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