Wolf

Positionspapier Wolf

Fakten zum Wolf: Die aktuelle Lage in Österreich

Stand Mai 2023

Hier die aktuelle Version zu unserem Positionspapier Wolf zum Download.

Kurzfassung:

  • In Österreich leben zur Zeit (Mai 2023) sieben Familiengruppen (Rudel: https://baer-wolf-luchs.at/verbreitungskarten/wolf-verbreitung), also etwa zwischen 30 und 60 Wölfe.
  • Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Österreicher wie auch Mehrheiten in anderen Ländern Europas die Wiederkehr der Wölfe begrüßen.
  • Wölfe sind in Europa umfassend durch die Berner Konvention und die auf dieser beruhende Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie der EU geschützt (aktueller Wolfsmanagementplan Österreich s.: https://baer-wolf-luchs.at/wp-content/uploads/2022/05/OeZ_Wolfsmanagement_Empfehlungen_2021.pdf).
  • Die FFH-Richtlinie verpflichtet zur Herstellung eines „günstigen Erhaltungszustands“ in den Staatsgrenzen. Dieses Ziel wird in Österreich für alle großen Beutegreifer weit verfehlt.
  • Günstiger Erhaltungszustand“ in Österreich im Sinne der FFH-Richtlinie bedeutet wahrscheinlich einige Dutzend Rudel und ein wenige hundert Wölfe. „Problemwölfe“, deren „Entnahme“ die FFH-Richtlinie vorsieht, treten generell selten auf.
  • In ihren „Wolfsmanagementverordnungenverstoßen die Bundesländer Kärnten, Tirol, Niederösterreich und bald auch Oberösterreich und Steiermark (Stand Mai 2023) mehrfach gegen geltendes EU-Recht (Verstöße gegen die Aarhus-Konvention und gegen die FFH-Richtlinie). Die Eröffnung eines weiteren EU-Vertragsverletzungsverfahrens ist absehbar.
  • Auch nach Erreichen eines „günstigen Erhaltungszustandes (FFH)“ benötigen Wölfe keine „Regulierung“ durch Jagd. Sind Rudel etabliert, werden Wolfsdichten durch die Menge an verfügbarer Nahrung reguliert, vor allem aber durch eine effiziente „dichteabhängige Regulation“ aus. Etablierte Rudel halten Nachbarrudel auf Distanz und halten auch durchwandernde Jungwölfe ab.
  • Jagd und Jagdwirtschaft sind in ihrer Einstellung zum Wolf gespalten. Während manche Jäger mit dem Wolf leben wollen, argumentieren jene, die am Verkauf von Abschüssen überhegten Schalenwilds und an Revierpachten verdienen, dass der Wolf dieses Trophäenjagdsystem stören und ihre Reviere „entwerten“ würde.
  • Wölfe entfalten als Apex-Prädatoren mehrfach positive ökologische Wirkungen; in den Rudelgebieten steigt die Biodiversität, Wülfe halten Wildbestände gesünder als menschliche Jäger.
  • Wölfe verursachten in Österreich 2022 weniger als 10% der Verluste an Weidetieren (vor allem Schafe). An Herdenschutz führt kein Weg vorbei, da man sich auf die Anwesenheit von Wölfen langfristig einstellen muss. Abschuss ist keine Lösung, da die nächsten einwandernden Wölfe wiederum (ungeschützte) Schafe töten. Zudem sind Halter im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht (im Sinne des Tierschutzgesetzes) verpflichtet, ihre Weidetiere vor großen Beutegreifern zu schützen.
  • Sind Wölfe gefährlich? Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Zusammenleben mit Wölfen in Europa zeigen, dass Wölfe für Menschen nicht gefährlich sind.
  • Angesichts der Bemühungen Klimawandel und Biodiversitätsverlust einzudämmen, sind die großen Beutegreifer Verbündete, nicht Gegner, im Ringen um eine lebenswerte Zukunft.
  • Für ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben mit den großen Beutegreifern braucht es neben funktionierendem Herdenschutz vor allem flächendeckendes best-practice Monitoring und eine Begleitung durch wissenschaftliche Top-Forschung. Derzeit gibt es diesbezüglich große Defizite.

Wolfsfakten im Detail:

  1. Wölfe in Österreich: In Österreich leben zur Zeit (Mai 2023) sieben Familiengruppen (Rudel: https://baer-wolf-luchs.at/verbreitungskarten/wolf-verbreitung), also etwa zwischen 30 und 60 Wölfe. Ihre Zahl schwankt jahreszeitlich beträchtlich, weil Anfang Mai die Jungwölfe geboren werden, die ein bis zwei Jahre später aus ihren Rudeln abwandern, während meist aus dem benachbarten Ausland Jungwölfe zuwandern. Viele Wölfe sterben im ersten Lebensjahr, vor allem durch Straßenverkehr, durch (illegalen) Abschuss, oder werden durch andere Wölfe getötet. Es wurde übrigens genetisch nachgewiesen, dass die Gründertiere der ersten, bereits 2018 im Norden Österreichs existierenden Rudel nicht einfach vom ersten Rudel in Allentsteig abstammten, sondern aus der Lausitz (Nord-Sachsen) zugewandert sind. Jungwölfe auf Partnersuche wandern gewöhnlich sehr weit (mehrere 100 bis 1 000 km). Wölfe wurden nirgends in Europa ausgesetzt, auch nicht in Österreich.
  2. Pro oder contra Wolf? Repräsentative Umfragen belegen, dass eine Mehrheit der Österreicher wie auch Mehrheiten in anderen Ländern Europas die Wiederkehr der Wölfe begrüßen, nicht bloß die Leute in den Städten, sondern – in geringerem Ausmaß – auch am Land. Wölfe sind heute für Menschen so gut wie ungefährlich (siehe unten). Jegliche Panikmache ist daher ungerechtfertigt, sie erfolgt meist im Dienste politisch-ökonomischer Interessen, letztlich um den Schutzstatus für Wölfe zu verringern.
  3. Schutzbestimmungen: Wölfe sind in Europa umfassend durch die Berner Konvention und die auf dieser beruhende Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie der EU geschützt; beide sind auch in Österreich geltendes Recht. Wölfe scheinen in den meisten Jagdgesetzen der Bundesländer als jagdbares, aber ganzjährig geschontes Wild auf. Bereits seit 2012 gibt es einen breit akkordierten Wolfsmanagementplan (Rauer et al. 2012), der allerdings ebenso wie die unter breiter Beteiligung aller relevanten Stakeholder im Auftrag des Österreichzentrums 2021 überarbeitete Version (https://baer-wolf-luchs.at/wp-content/uploads/2022/05/OeZ_Wolfsmanagement_Empfehlungen_2021.pdf) weitgehend ohne Auswirkungen bleibt. Allenfalls dient der Plan zur Charkterisierung von „Risiko- und Schadwölfen“ in den legistisch und biologisch hochproblematischen „Wolfsmanagementverordnungen“ (de facto Abschussverordnungen) von immer mehr Bundesländern.
  4. Die FFH-Richtlinie verpflichtet zur Herstellung eines „günstigen Erhaltungszustands“ in den Staatsgrenzen (auch von Bär, Luchs und Goldschakal). Dieses Ziel wird bis heute in Österreich für alle großen Beutegreifer weit verfehlt. Statt sich um eine Umsetzung bestehender Regeln zu bemühen, haben zahlreiche Interventionen bei der Europäischen Kommission, vor allem durch Vertreter der Landwirtschaft zum Ziel, den Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen. Aus mancherlei Gründen ist es unwahrscheinlich, dass dies in den kommenden Jahren erreicht werden wird. Diese Bemühungen, verbunden mit der Vorstellung von Abschuss als Problemlösungsstrategie nährt die fatale Hoffnung der Nutztierhalter, auf Herdenschutz verzichten zu können (siehe unten).
  5. Wieviele Wölfe sollen es werden? Was „günstiger Erhaltungszustand“ im Sinne von FFH für Österreich bedeutet, ist von Wildbiologen zu beantworten. Wahrscheinlich einige Dutzend Rudel und ein wenige hundert Wölfe. „Problemwölfe“, deren „Entnahme“ die FFH-Richtlinie vorsieht, treten generell selten auf, wie etwa die Erfahrungen aus Deutschland zeigen. Allerdings müssen solche „Problemwölfe“ individuell identifiziert werden; sie können auch nicht willkürlich definiert werden, wie etwa in den Erlässen der Bundesländer. Seltsamerweise steigt die Skepsis gegenüber dem Wolf mit dem Wohlstand eines Landes.
  6. Verordnungen der Bundesländer in Konflikt mit geltendem Recht: In ihren jüngsten Wolfsabschussverordnungen verstoßen die Bundesländer Kärnten, Tirol, Niederösterreich und bald auch Oberösterreich und Steiermark (Stand Mai 2023) mehrfach gegen geltendes EU-Recht, besonders klar in folgenden Punkten: 1. Im Verstoß gegen die Aarhus-Konvention verunmöglichen sie die Beteiligung der Bürgergesellschaft, etwa der NGOs. 2. Im Widerspruch zur FFH-Richtlinie sehen sie „Abschuss auf Verdacht“ vor, was die gesetzlich zwingend erforderliche individuelle Identifizierung ignoriert. 3. Im Widerspruch zu FFH werden auch jene Wölfe als „gefährlich“ eingestuft, die sich nahe an menschlichen Siedlungen bewegten, ohne dabei aber ihre Distanz zum Menschen zu verlieren (sehr selten, geschieht nur nach Anfüttern). 4. Almen werden großflächig und pauschal von vornherein als nicht schützbar qualifiziert. Infolge dessen werden Wölfe zum Abschuss freigegeben, die sich an Weidetieren vergriffen haben, deren sachgerechter Schutz von den Haltern nicht einmal versucht wurde. Die Abschussentscheidung obliegt im Wesentlichen der lokalen Jägerschaft, in NÖ. darf der erlegte Wolf vom Schützen behalten werden. Damit wird die FFH-Richtlinie wird ausgehebelt, die lokale Wiederausrottung der Wölfe wird ermöglicht und Wolfsabschuss wird zur Trophäenjagd. Die Eröffnung eines diesbezüglichen EU-Vertragsverletzungsverfahrens ist absehbar; ein Verfahren wegen des im Umweltbereich verbreiteten Verstoßes gegen die Aarhus-Konvention wurde gegen Österreich bereits eröffnet. Es stellt sich auch die Frage nach dem Stellenwert des Österreichzentrums Bär-Wolf-Luchs. Eines seiner Ziele lautet: „Gemeinsam mit anderen Projektträgern sollen Projekte, die in Zusammenhang mit dem Auftreten der großen Beutegreifer in Österreich stehen, entwickelt und umgesetzt werden.“ Von einer Einbindung dieser Institution in der Entstehung der Wolfverordnungen der Länder ist nichts bekannt, der von der Politik bei dieser Einrichtung beauftragte und erstellte Wolfmanagementplan wird weitgehend ignoriert.
  7. Jagdvergnügen oder sinnvolles Management? Wölfe benötigen keine „Regulierung“ durch Jagd, obwohl sie sich rasch ausbreiten. Sind Rudel etabliert, werden ihre Dichten durch zwei Mechanismen geregelt: Erstens von der Menge verfügbarer Nahrung, wie bei allen Apex-Prädatoren. Im Wesentlichen bestimmen daher die Schalenwilddichten die Wolfsdichten. Zweitens üben Wölfe eine effiziente „dichteabhängige Regulation“ aus. Etablierte Rudel halten Nachbarrudel auf Distanz und durchwandernde Jungwölfe ab. Damit ist nach Rudelbildung mit etwa 6 Wölfen auf 300 km2 zu rechnen (erhebliche Schwankungsbreite). Bejagung und regelmäßige „Entnahme“ eines Teils der Population stört die sozialen Regelmechanismen der Wölfe und stimuliert ihre Reproduktion; sie bewirkt, dass Tierhalter in der irrigen Hoffnung auf „jagdliche“ Problemlösung den Herdenschutz vernachlässigen und steigert damit die Verluste an Nutztieren. Dies ist mehrfach belegt. In Frankreich etwa, werden jährlich 10% der Population abgeschossen, 2022 waren das 100 Tiere. Die Nutztierverluste waren dennoch – oder gerade deswegen – hoch.
  8. Jagd und Wolf: Jagd und Jagdwirtschaft sind in ihrer Einstellung zum Wolf gespalten. Während manche Jäger mit dem Wolf leben wollen, argumentieren jene, die am Verkauf von Abschüssen überhegten Schalenwilds und an Revierpachten verdienen, dass der Wolf dieses Trophäenjagdsystem stören und ihre Reviere „entwerten“ würde. Dies ist deutlicher Beleg dafür, dass es bei diesem Jagdsystem nicht um „angewandten Naturschutz“ oder gar Öko-Management geht, sondern vorwiegend um kommerzielle Interessen geht. Wölfe leben vorwiegend von Schalenwild, das sie (mit Ausnahme der ursprünglich nicht heimischen Mufflons) nicht ausrotten. Rechtlich gehört übrigens das Wild weder den menschlichen, noch den wölfischen Jägern, beide haben ein „Aneignungsrecht“. Auch im Kulturland ernähren sich Wölfe zum allergrößten Teil von Schalenwild, die Wildbretverluste durch Wolf bleiben dennoch vergleichsweise gering. Pro Jahr sterben etwa in Österreich an die 60 000 Rehe allein durch Straßenverkehr; damit könnte man theoretisch 1 000 Wölfe ernähren (!). Es ist daher abwegig, die Wölfe als nennenswerte Konkurrenten um Wildfleisch zu betrachten.
  9. Ökologische Rollen und Ecoystem-Services: Wölfe entfalten als Apex-Prädatoren mehrfach positive ökologische Wirkungen; in den Rudelgebieten steigt die Biodiversität, auch weil sie „Mesoprädatoren“, wie etwa Füchse, Goldschakale oder Fischotter effizient kontrollieren; zudem halten sie Wildbestände gesünder als menschliche Jäger. Ob sie durch Erbeuten von Schalenwild die naturnahe Waldwirtschaft unterstützen, bleibt unklar, denn dafür sind in der Regel die Wilddichten zu hoch. Diese waldverträglich zu regulieren obliegt den menschlichen Jägern, die aber genau das nicht tun. Nicht zuletzt konzentrieren sich etablierte Wolfsrudel – wenn Herdenschutz betrieben wird – auf Wildtiere als Beute und geben diesen Lebensstil auch an ihre Nachkommen weiter. Auch darum ist Herdenschutz, aber auch das Zulassen von Rudelbildung essentiell, um Konflikte zu minimieren.
  10. Keine Alternative zum Herdenschutz: In Österreich wurden – je nach Zählweise – im Jahr 2022 700 bis 2 000 Schafe getötet. Das ist einerseits nicht wenig und die Zahl wird ansteigen, wenn auch weiterhin kein Herdenschutz betrieben wird (unten). Dennoch muss angemerkt werden, dass diese Verluste durch den Wolf etwa 10% der Verluste an Weidetieren (vor allem Schafe) p.a. durch Krankheit, Blitzschlag, Absturz, etc. ausmachen. Das führte bereits zur Meinung, es wäre ökonomischer, auf Herdenschutz zu verzichten und stattdessen einfacher die getöteten Tiere abzugelten. Das wäre aber weder tierschutzkonform, noch wären die Halter damit zufrieden, von denen nicht wenige eine verantwortliche Nutztierbeziehung entwickeln. Zudem wäre fehlender Herdenschutz eine Einladung an die großen Beutegreifer, sich immer stärker an Weidetiere als Nahrungsquelle zu halten. An Herdenschutz in Verbindung mit Rudelbildung (s. oben) führt daher aus all diesen Gründen kein Weg vorbei; sachgerecht durchgeführt verringert er signifikant die Gefahr von Nutztierrissen. Er ist daher auch im Sinne der Aufsichtspflicht der Halter nach dem Tierschutzgesetz erforderlich. Herdenschutz – je nach Verhältnissen vom Elektrozaun bis zu Behirtung mit Herdenschutzhunden – ist mit teils hohem Aufwand verbunden, der allerdings von erheblichen Förderungen, vor allem über EU-Töpfe, stark abgefedert werden kann. Für guten Herdenschutz muss bestehendes Know how sorgfältig angewandt werden, denn Wölfe sind – im Vergleich mit Hunden – sehr zielorientiert, innovativ und gut im Erkennen von Zusammenhängen und Schwachstellen. Der zähe Widerstand gegen Herdenschutz verzögert angesichts der auch in Zukunft anwesenden großen Beutegreifer die nötige, rasche Umstellung des Wirtschaftens, hält das Konfliktniveau hoch und Nutztierhalter in Verunsicherung. Eigentlich kaum zu glauben und schon gar nicht sachlich zu verantworten, dass die Bundesländer die entsprechenden Förderungen für ihre Bauern bislang in den EU-Töpfen liegenlassen haben und stattdessen Abschussphantasien bedienen.
  11. Zur Logik des Herdenschutzes: Wölfe werden in Österreich nicht wieder verschwinden – egal wie stark sie illegal oder pseudolegal abgeschossen werden. Denn aus den zunehmenden Populationen in Italien (~ 3 000 Wölfe), Deutschland (~2 000), Frankreich (~1 000), am Balkan (~5 000), in der Schweiz (ein paar hundert) wandern immer mehr Jungwölfe ein, die für mehr Nutztierverluste sorgen als etablierte Wolfsrudel. Wenn daher Wölfe wegen des Reißens nicht geschützter Schafe abgeschossen werden, werden mehr neue Wölfe nachkommen, welche wiederum die weiterhin ungeschützten Weidetiere reißen werden. Aus diesen Gründen ist Abschuss keine Lösung für Nutztierhalter. „Wolfsfreie Zonen“, wie sie etwa von diversen Interessensvertretern gefordert werden, sind aufgrund der Gesetzeslage, aber auch wegen des Zuwanderungsdrucks, weder realistisch, noch praktikabel. Indem man die Weidetierhalter von Seiten der Politik und der Standesvertretung in den nicht zielführenden Abschussphantasien bestärkt, verrät man sie.
  12. Sind Wölfe gefährlich? Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Zusammenleben von etwa 20 000 Wölfen mit 750 Millionen Menschen in Europa zeigen, dass Wölfe gegenwärtig für Menschen nicht gefährlich sind .Im Gegensatz etwa zu Rehböcken oder Wildschweinen, kamen keine Menschen bisher durch Wölfe zu Schaden, vor allem wegen der überaus guten Nahrungsbasis in Form der (überhegten) Schalenwildbestände und weil es in Mitteleuropa keine Tollwut gibt. Damit dies auch so bleibt, müssen Wölfe und Menschen möglichst getrennte Wege gehen, Anfüttern ist strikt zu vermeiden. Wolfsbegegnungen und –Sichtungen passieren häufig vom Auto aus, da Wölfe Fahrzeugen gegenüber wenig Scheu zeigen. Kommt es etwa beim Wandern oder Joggen zu einer Begegnung, ziehen sich Wölfe in der Regel rasch zurück. Solange Hunde dabei im Bereich der Menschen bleiben, besteht für sie auch in Gebieten mit Wolfsterritorien keine Gefahr.
  13. Warum wir letztlich die Großen Beutegreifer akzeptieren sollte: Zu Zeiten der großen Biodiversitäts- und Klimakrise kann man nicht weiterhin alles, was menschliches Wirtschaften stört, mit Flinte und Gift beseitigen. Vielmehr brauchen wir, um die Erderwärmung und den Verlust an Arten zu bremsen nach einhelliger Expertenmeinung eine Extensivierung der Land- und Forstwirtschaft, auch in Österreich. Die großen Beutegreifer sind Verbündete, nicht Gegner in der Arbeit für eine lebenswerte Zukunft.
  14. Defizite in Forschung und Monitoring: Für ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben mit den großen Beutegreifern braucht es neben funktionierendem Herdenschutz vor allem flächendeckendes best-practice Monitoring und eine Begleitung durch wissenschaftliche Top-Forschung. Derzeit gibt es mit bloß zwei universitären Instituten – eines für „Wildbiologie und Jagdwirtschaft“ an der BOKU, sowie das zur VetMedUni gehörende „Forschungsinstitut für Wildtierkunde“ (FIWI) – wesentlich zu wenig Wildtierforschung und viel zu wenige Forschungsgruppen. Daher ist man im Monitoring stark auf die Mitarbeit der Jäger angewiesen. Dass die aufgrund ihrer eigenen Interessenslage befangen sind, scheint in Österreich niemand zu stören. Auch die erwähnten universitären Institute und Forscher sind teils von der Jagdwirtschaft finanziert und daher nicht so unabhängig, wie man es für wissenschaftliche Forschung erwarten darf. Daher engagiert man sich von Seite dieser Wissenschaft auch kaum – oder zu wenig sichtbar – für den Schutz der großen Beutegreifer. Management braucht jedenfalls unabhängig erarbeitetes Wissen, nicht aber Blindflug.

    Exemplarische Literatur
    – s. zum Thema auch Literatur im Buch und das Buch selber: Kotrschal, K.: Der Wolf und wir. Brandstätter 2022
  • Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs: https://baer-wolf-luchs.at/verbreitungskarten/wolf-verbreitung

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